Berlin, 27. Februar 2023 – Zu viele Standorte, zu Unzeiten geöffnet und nicht ausreichend finanziert: der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) sieht deutlichen Nachbesserungsbedarf bei der Reform der Not-fall- und Akutversorgung in Deutschland und dem damit einhergehenden Konzept der integrierten Notfallzentren (INZ).
„Integrierte Notfallzentren werktags ab 14 Uhr durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte besetzen zu wollen, ist eine absolute Schnapsidee,“ so Dr. Dirk Heinrich Vorstandsvorsitzender des SpiFa. „Um diese Zeit schwappt in den meisten Praxen gerade die nächste Patientenwelle herein. Wer kümmert sich dann um deren Versorgung? Hier zeigt sich einmal mehr, dass der Bundesgesundheitsminister und die Expertenkommission auch bei diesem Regierungsvorhaben ausschließlich mit aufgesetzter Krankenhausbrille denken.“
Gerade mit Blick auf den zunehmenden Mangel an Ärztinnen- und Ärzten und einer stetigen Überal-terung der niedergelassenen Ärzteschaft scheint es aus SpiFa-Sicht unrealistisch, den Personalbedarf für INZ aus diesem Personenkreis decken zu wollen. Auch der Vorschlag, für eine Besetzung der KV-Notfallpraxen nur eine enge Auswahl an Facharztgruppen heranzuziehen, ist für den SpiFa nicht nachvollziehbar. Hinzu kommt eine ungewichtete Standortplanung. Heinrich hierzu: „Mit der derzei-tigen Herangehensweise entsteht gerade in Ballungsräumen ein deutliches Überangebot. Hier muss mit den ohnehin schon knappen Ressourcen deutlich besser geplant und das Konzept entsprechend angepasst werden.“
Das Reformkonzept sieht ferner vor, dass Krankenhäuser, auch wenn sie künftig kein INZ vorhalten, dennoch weiterhin fußläufig erscheinende Patientinnen und Patienten aufnehmen dürfen. „Mit die-ser Regelung macht das ganze Konzept keinen Sinn,“ so Heinrich weiter. „Denn damit bliebe prinzipi-ell bei der Notfallversorgung alles beim Alten und sie würde lediglich um die INZ ergänzt. Hier muss ein klares Verbot der Aufnahme von ambulanten Patientinnen und Patienten für Krankenhäuser ohne INZ ins Konzept aufgenommen werden.“
Besonders hart fällt die Kritik des SpiFa für die Finanzierungspläne der INZ aus. „Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte tragen bereits die Defizite des vorgehaltenen ärztlichen Bereitschaftsdienstes. Es ist vollkommen inakzeptabel, dass sich diese auch noch darüber hinaus an einer Finanzierung des Notfallsystems beteiligen. Hier muss die Politik andere Lösungen für eine auskömmliche Finanzierung finden,“ so Heinrich weiter.
Deutlich kritisiert Heinrich auch die Zusammensetzung der Kommission. „Es sitzen fast ausschließlich Interessensvertreter und Repräsentanten von Krankenhäusern in dieser Kommission von ‚Experten‘. Da ist es nicht verwunderlich, dass jegliche Belange von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten bei den Reformvorschlägen keine Berücksichtigung finden, obwohl diese – gleichermaßen ungefragt – bei der Umsetzung von Reformen fest mit eingeplant werden. So fehlbesetzt und fehlgeleitet kann eine Reform der Notfallversorgung nicht gelingen.“